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Florisett und Rakitaki

| Carol Rosa | Event-Tipps

Ein neues Junghuhn im Hühnerhof! Wie gross die Welt doch ist, wie wunderbar. Doch: autsch! Da wird gehackt und gepickt. Die Chefhühner verteidigen ihre Ordnung. Theater Szene bringt Florisett und Rakitaki von Eva Roth als Uraufführung auf die Open-Air-Bühne in und um Bern. Zu sehen bis am 16. August. Hier der Theater-Tipp der Leporello-Redaktorin Carol Rosa.

Poetisch, gesellschaftskritisch und mit feinem Humor durchzogen ist das Stück über das Junghuhn Piek. Etwa wenn sich Piek fragt, wie es sich überhaupt nennen soll, ja nennen kann und darf? «Die Piek, das Piek oder der Piek?». Ist es nicht noch viel zu jung, um überhaupt einen Namen zu tragen? Muss es sich nicht erst einen Platz auf der Hühnerleiter erkämpfen? Wie alle anderen? Sich durchsetzen gegen die herrschsüchtigen und eifersüchtigen Hennen, die recht grob mit dem kleinen Kücken umspringen: «Was gloubsch du wer du bisch?», gackern sie frech im Chor. Kein Wunder lässt Piek seine Federn hängen und kommt zum Schluss: «Jung si unger Alt-Hühner isch Mischt!» Doch bald flattert das nächste Jung-Geflügel auf den Hof und mischt das freche Hühnervolk auf.

Wortwitzig und doppelbödig
Die Kinderbuchautorin und Stückeschreiberin Eva Roth ist bekannt für ihren Wortwitz und ihre ausgeklügelten Zweideutigkeiten. So blitzt zwischen ihren Zeilen immer wieder hintersinnige Ironie auf, die sie so setzt, dass sie auch von den kleinen Zuschauer:innen verstanden wird. Schliesslich ist «Ironie verstehen» keine einfache Sache.

Und schön ist es auch zu sehen, wie die Autorin das junge Publikum immer wieder ermutigt. Etwa, wenn sich die beiden Jung-Hühner verschwestern und das Neu-Huhn Piek folgenden Ratschlag erteilt: «Los eifach nid uf die angere Hühner!».

«Wie chöme Bibeli is Ei?»
Mal fein und leise, mal laut und frech und immer höchst klug bringt die Berliner Regisseurin Katrin Hentschel «Florisett und Rakitaki» auf die Freiluftbühne. Lustig ist etwa die Idee Schaukelstühle statt Hühnerleitern zu bespielen. Wunderbar sind auch die chorischen Elemente, wenn die Hühner als Cheerleaderinnen auftreten und dazu ihre Federn schwingen und singen: «Ei, das isch mir einerlei!».

Und ganz wunderbar ist es, den Junghühnern zuzuhören, wenn sie im Schnelldurchlauf die Kindheit und Pubertät durchlaufen und sich Fragen stellen wie:

«Wie chöme d'Bibeli is Ei?»
«Weiss nid, egal: Houptsach, sie chöme mau use!»

Das grösste Abenteuer überhaupt!
Oder herumalbern und einander zurufen: «We mir gross si, lege mir jede Tag es Ei!». Die beiden lassen sich am Ende nicht mehr herumkommandieren und beschimpfen und gehen unbeirrt ihren eigenen Weg. Die vorwitzige Hof-Ente eröffnet ihnen schliesslich den Blick auf die grosse, weite Welt. Und die ist nicht schwer zu finden: sie fängt nämlich direkt beim grossen Teich an, der hinter der Weide liegt.

 

Spiel: Nina Maria Wyss, Anouk Plattner, Ann Klemann und Mägie Kaspar
Bühne: Jacky Gleich
Kostüme: Salome Egger
Oeil Extérieur: Miriam Jenni
Technik: Michael Kiener


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