Schule im Spiegel der Film-Festivals von Solothurn und Stuttgart
Obwohl sich die «Solothurner Filmtage» und das «Internationale Trickfilmfestival Stuttgart» stilistisch unterscheiden, gab es 2023 thematische Überschneidungen. So spielten Filme rund um das Thema «Schule» bei beiden Festivals eine wichtige Rolle. Der Bericht von Bettina Wegenast.
Solothurn: überschaubare Bergwelt
Ob Zufall oder Absicht: In den Schulfilmen aus Solothurn wurde einmal mehr eine ländliche Schweiz inmitten von Bergen, Wiesen und glücklichen Kühen abgebildet. Alles ist überschaubar und die Schüler:innenschaft ist homogen. Dennoch: Auch hier ist nicht alles Idylle.
«Bratsch», ist sowohl Titel eines Dokumentarfilms von Norbert Wiedmer als auch ein kleiner Ort im Oberwallis. Die als Privatschule neu eröffnete, örtliche Schule bezieht sich auf Konzepte aus der Reformpädagogik* und verknüpft «richtiges» Leben mit dem Schullalltag. Die Kinder halten Kontakt zu den Berufsleuten aus dem Dorf und lernen Kernkompetenzen wie Rechnen, Schreiben und Lesen an handfesten Projekten, wie etwa bei der Planung und Errichtung eines Spielplatzes. Dieses Experiment entspringt der puren Not: Die Schule muss helfen, das Dorf am Leben zu erhalten und eine weitere Abwanderung verhindern. Norbert Wiedmer begleitet die Lehrer:innen, Kinder und Eltern interessiert und wohlwollend und macht den Film damit zu einem Statement für alternative Schulmodelle.
Auch in den zwei anderen Schulfilmen sehen wir schöne Bergwelten: Der Lehrer Gion Gieri hat während 44 Jahren im selben Schulhaus im Graubünden unterrichtet und wird von der Regisseurin Petra Rothmund während seinen letzten Schulwochen begleitet. Und Quand nous étions petites eine Trouvaille von 1960, zeigt den Schulalltag von Kindern aus dem jurassischen «La Brévine».
Obwohl alle Filme einen jeweils anderen Zugang zu Schule haben, irritiert der Blick auf diese ländliche Schweiz im Jahr 2023. Heterogene Schulklassen mit fremdsprachigen Kindern aus migrierten Familien scheint es 2023 hierzulande nicht zu geben.
Stuttgart: Chenhuas Not
Eine ganz andere Schulsituation zeigt uns der Film, der den Publikumspreis auf dem Internationalen Trickfilmfestival in Stuttgart gewonnen hat: «Les Astres Immobiles».
Auch hier steht die Schule thematisch im Mittelpunkt, wenn das Mädchen Chenghua damit kämpft, dass ihre chinesischstämmigen Eltern kein Französisch verstehen und sie allein für die ausserfamiliären Kommunikation per Handy zuständig ist. Dieser Aufgabe kann sich Chenghua selbst während des Unterrichts nicht entziehen und so wird sie hier immer wieder wegen ihrer Unaufmerksamkeit gerügt.
Endlich begreift eine Lehrerin die Not des Mädchens und sucht zusammen mit ihm nach einer Lösung. Der Film geht einfühlsam auf die Probleme von Kindern ein, die durch ihre familiäre Situation belastet sind und die dadurch in der Schule doppelt zu kämpfen haben.
Bettina Wegenast
