Mehlmann. Ein Märchen
Die Berner Künstlerin Marianne Furrer hat "Mehlmann. Ein Märchen" höchst poetisch in Pastellfarben inszeniert. Ein Bilderbuch fürs Sammlerregal. Die Kritik der Nachwuchsredaktorin Nora Steiner.
Ein Mehlmann, der eher Mitleid als Lachanfälle bewirkt. Ein tanzender Knabe im schneeweiss glitzernden Kostüm, der das gesamte Publikum in seinen Bann zieht. Kellner, die Bier servieren – was genau beschreibt Marianne Furrer in der von Robert Walser adaptierten Geschichte? Eine Zirkusvorstellung?
Keine kindergerechte Atmosphäre
Falls ja bringt sie die Atmosphäre nicht kindgerecht rüber: Jeder kann sich doch an die Aufregung erinnern, als man als kleines Kind in der ersten Reihe sass, sich den Mund mit buttrigem Popcorn vollgestopft hat, den Kopf in den Nacken gelegt, um die Trapezkünstler zu bestaunen. Ein einziges faszinierendes Gewimmel war der Zirkusbesuch – nicht bedächtig, nachdenklich und ein bisschen düster, wie ihn die Berner Künstlerin Furrer darstellt.
„Auf einmal schoss aus der Kulisse eine zischende, rote Kugel hervor, rollte bis vor die Füsse des Tanzenden, dieser sprang mit einer leichten Hebung des Beines hinauf und die Kugel rollte mit dem Knaben davon, dem Hintergrund zu, der, so schien es, in einen Abgrund verlief. Jetzt sah man nichts mehr.“
Die Textteile sind poetisch und stilistisch sehr speziell. Manchmal werden Gefühle beschrieben, jeder weiss schliesslich, wie es sich anfühlt, eher aus Mitleid denn aus Freude zu lachen, manchmal reihen sich abgehackte Sätze scheinbar sinnlos aneinander. Diese Abwechslung sorgt dafür, dass einem auch nach mehrmaligem Lesen immer wieder etwas Neues auffällt. Das Problem ist nur, dass man den Kontext auch erst nach mehrmaligem Lesen überhaupt versteht.
Ein Buch für Sammler
Kein Zweifel, aufs illustrieren versteht sich Marianne Furrer: Der grün-rosa gesprenkelte Saum des Prinzenkostüms oder die blassen Gesichter des Mehlmanns, die Bilder übernehmen die geheimnisvolle Atmosphäre des Textes. Sie sind mehrheitlich pastellfarben vor einem schwarzen Hintergrund gehalten.
Der Boden der Bühne ist mit vielen dicken Teppichen belegt. Diese gestaltet Marianne Furrer in ganz verschiedenen Mustern, behält aber die Hauptfarbe des Buches, nämlich rosa, bei.
Obwohl „Der Mehlmann“ eher Sammler- denn Kinderherzen höherschlagen lässt, lohnt es sich sicher, einen Blick in das einzigartige Bilderbuch zu werfen.
Kinder- und Jugendredaktion

-
TitelMehlmann. Ein Märchen
-
Autor:inRobert Walser
-
VerlagEdition Atelier
-
Erscheinungsdatum2015
-
Seiten28 Seiten
-
Illustrator:inMarianne Furrer
-
Bewertung