Oh, mein schöner Hut!
Hinterher! Hinterher! Dieses Pop-up-Bilderbuch inszeniert im ansprechenden Retrolook eine atemberaubende Verfolgungsjagd auf, zwischen und hinter Papier-Elementen. Der Tipp von Andrea Kromoser.
„Mit einem Halbkreis und einem Bleistiftstrich mache ich mir einen Hut.“ steht da zu lesen, während das Bild malende Hände zeigt. Noch eine Feder dazu und eine waagrechte Linie, die eine Hutkrempe andeutet – schon wird aus einem blauen Halbkreis tatsächlich ein Hut.
All das spielt sich in diesem Pop-up-Bilderbuch dort ab, wo sich sonst das Vorsatzpapier befindet. Ohne Vorwarnung steigen wir also schon vor dem Innentitel in die Geschichte ein.
Da ein Windstoss! Der soeben gezeichnete Hut fliegt über die Titelworte „Oh, mein schöner Hut!“ hinweg; hinaus aus der Anfangsszene und direkt hinein in die Geschichte. Was wir jetzt brauchen ist klar: „Schnell ein Rechteck und ein paar Bleistiftstriche – fertig ist das Taxi!“. Dieses folgt rasch der dahinfliegenden Kopfbedeckung Richtung Innenstadt.
Hier beginnt die Geschichte richtig turbulent zu werden! Nachdem wir – gemeinsam mit dem Protagonisten – im Stau stehen, am Zoo vorbeikommen und im Warenhaus komplett die Übersicht verlieren, finden wir uns irgendwann in der Städtischen Bücherei wieder. Wie schon auf den Seiten davor, kommen uns auch hier Pop-up-Elemente entgegen. Das Buch wird zum papierenen Bauwerk. Was dabei besonders fasziniert, ist die Tatsache, dass auch hinter den aufgefalteten Elementen weiter illustriert wurde. Papierstreifen werden als Verstecke eingesetzt und geben gleichzeitig Einblicke in die für die Suche wesentlichen Innenräume. – Und der Protagonist ist immer noch auf der Suche nach seinem Hut! „Guck doch einfach in der Abteilung ‚Primaten‘ beim Buchstaben P nach!“
Optisches Versteckspiel
Diesem netten Hinweis folgen wir natürlich sogleich, um dort etwas Überraschendes zu entdecken: Hinter den, unter dem Buchstaben P eingeordneten Wälzern, sitzt nämlich eben jener Affe, der sich einige Seiten zuvor, im Zoo, den Hut geschnappt hatte. Er trägt stolz den blauen Halbkreishut und liest ein Buch, dessen Titel deutlich hervorgehoben ist: „King Kong“.
Annouck Boisrobert und Louis Rigaud arbeiten detailliert und lassen uns hinter jeder Strassen- bzw. Pop-up-Ecke kleine Feinheiten entdecken. Zehn geometrische Formen und einige Bleistiftstriche sind die wesentlichsten Bestandteile dieses dreidimensionalen Versteckspieles, das durch die optischen Wiederholungen der Formen und Farben von Seite zu Seite komplexer wird. Schauplätze, Requisiten aber auch viele sprachliche Ausdrucksweisen, sowie die in Text und Illustration verwendete Stilistik verorten die Geschichte im Europa des 20. Jahrhunderts, als Fotoapparate noch an langen Riemen um den Hals getragen wurden und Warenhäuser grosse Abteilungen für Hüte hatten.
Mehr als ein paar Bleistiftstriche
Die Verfolgungsjagd endet schliesslich auf dem Dach eines Hochhauses. Der King-Kong-Anspielungen nicht genug, stürzt der Affe jetzt auch noch mitsamt dem gesuchten Hut in die Tiefe! Wenn das nur gut geht! „Schnell, ein Halbkreis, ein paar Bleistiftstriche …“
Andrea Kromoser

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TitelOh, mein schöner Hut!
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Autor:inAnouck Boisrobert
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GenreFiction
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VerlagJacoby & Stuart
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Erscheinungsdatum2016
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Seiten28
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Illustrator:inLoius Riguad
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Bewertung