Playpublik
Was haben Computerspiele mit Spielen im öffentlichen Raum zu tun? Einiges, weiss Bettina Wegenast aus eigener Erfahrung. Ihr Bericht von der „Playpublik – Festival für Spielräume der Öffentlichkeit“ in Berlin.
„Unwanted Entities“: sichere wertvolle Mikrogrundstücke mit kleinen Brettspielfiguren gegen „Unwanted Entities“ und dränge so graue Figuren immer weiter gegen den Rand. Schütze dein neues Eigentum gegen den endlosen Passantenstrom. Ein Spiel voller Macht, Trauer und Spass“.
Macht, Trauer und Spass? Wie passt das zusammen? Egal. Wir teilen uns in drei Gruppen, schnappen uns bunte Pöppel und rennen los, um, gemäss Spielanleitung, möglichst viele Spielfelder von grauen Figürchen zu befreien und mit unseren Farben zu besetzen. Bei der Strasse müssen wir ein bisschen aufpassen, denn die Autos wissen nicht, dass sie Teil einer Spielanlage sind.
Autos als Teil einer Spielanlage? Jawohl, denn „Unwanted Entities“ findet, wie alle andern „Playpublik“- Games im öffentlichen Raum, auf dem Gelände rund um das Computerspielmuseum Berlin, statt. Hier haben Gamedesigner im Vorfeld die Spiele entwickelt, die jetzt gespielt werden. Aber was haben Computerspiele mit Spielen im öffentlichen Raum zu tun?
Einiges. Mit den elektronischen Games hat das Spiel eine neue Öffentlichkeit gefunden. Über elektronische Netzwerke spielen tausende von Spielern miteinander und Smartphones machen es uns möglich, immer und überall zu spielen. Ob allein, in vorher definierten oder in zufällig zusammengewürfelten Gruppen - hier ist es egal, ob du oder deine Mitspieler Pickel oder eine Glatze haben. Mitspielen ist alles.
So gesehen kann „Spiel“ durchaus auch als Teil der digitalen Revolution betrachtet werden. Mit Veranstaltungen wie „Playpublik“ soll nun an das, am Computer eingeübte Spielverhalten angeknüpft und für das „richtige Leben“ genutzt werden. Strassenspiele gab es zwar schon immer, aber hier bekommen sie eine neue Bedeutung.
In der Playpublik in Berlin gab es dazu unterschiedliche Ansätze. Diese reichten vom „Guerilla Speed Gardenig“ auf dem Friedhof, über „Mont Trottoir“ bis hin zu „Graffoti-Motion-Bingo“. Begeisterte Mitspieler haben sich für alle Spiele gefunden.
Zwar gehörten hier die meisten TeilnehmerInnen der C64-Generation an, aber über diesen Ansatz liessen sich auch ganz gezielt die unterschiedlichsten Gruppen miteinander verbinden. Jugendliche mit Alten oder Bankern, mit Kranken oder Behinderten, mit... Gute Strassenspiele brauchen meist kein Vorwissen, nur die Bereitschaft, sich darauf einzulassen.
Spiel wird hier zur Sprache und - nicht zuletzt - zum Mittel für einen Perspektivenwechsel. Bespielen macht nämlich bewusst, dass auch wir Bewohner und damit Mitgestalter des öffentlichen Raums sind. Eine wertvolle Erfahrung.
Denn wie war das schon wieder mit „Macht und Trauer“ bei „Unwanted Entities“?
Nach dem Spiel erfahren wir, dass wir damit Obdachlose - dargestellt durch die graue Pöppel - aus unseren Spielfeldern und damit aus dem öffentlichen Raum verdrängt haben. Schluck! So hatten wir das doch gar nicht gemeint!
Aber so ist das halt mit dem Spielen: Plötzlich bekommt alles eine ganz neue, unerwartete Dimension!
(c) für alle Fotos: Philipp Wegenast
Fachredaktion

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TitelPlaypublik
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Erscheinungsdatum2012
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