Am Ende der Treppe, hinter der Tür
Martha hat die Sorgen eines Teenagers: Es gibt oft Streit zu Hause, sie fühlt sich zu dick und ist in ihren Englischlehrer verliebt. Nebenbei wird Martha ausserdem Zeugin eines Mordes. Sabine Ludwigs Jugendkrimi „Am Ende der Treppe, hinter der Tür“ ist sprachlich gelungen und die Charaktere sind stark ausdifferenziert. Der Tipp von Sabrina Michel.
Der Jugendkrimi beginnt mit einer packenden Einleitung: Martha sitzt in einem Keller und sieht ihrem Tod direkt in die Augen. Szenenwechsel: Martha im Alltag auf dem Schulhof, wo sie mit ihren Freundinnen ihre Probleme bespricht. Jill, ihre Freundin, raucht, sieht gut aus und wird von sämtlichen Jungs angehimmelt. Martha hingegen findet sich zu dick, beklagt sich über ihre kleine Stiefschwester und schwärmt für ihren neuen Englischlehrer Mr. Miller, einem echten Amerikaner! Jill kommentiert den Stellenwechsel von Miller folgendermassen:
„Kann mir mal einer verraten, wie man eine Highschool in New York gegen diese Klitsche hier eintauschen kann?“
Nicht nur die Dialoge sind dank einer angenehmen Portion Jugendsprache gelungen, sondern auch der erzählende Text, welcher im Präsens steht, liest sich sehr angenehm und flüssig. Er berichtet über Marthas Alltag, der aus Schule, „beste Freundin“, Auseinandersetzungen in der Familie und einer Theateraufführung besteht.
Am liebsten jedoch flüchtet sich Martha in ihre Tagträume. Sie stellt sich vor, wie Mr. Miller ihr seine Liebe gesteht und wie er sie küsst. Mit diesen Träumen wird Marthas Naivität herausgearbeitet und ihr leichtsinniges Handeln wird für den Leser nachvollziehbar. Martha wird nämlich ungewollt und ungesehen Zeugin eines Mordes. Ihr Wissen verheimlicht sie vor der Polizei, aus Angst, sie könnte wegen Hausfriedensbruchs bestraft werden. Als sie sich dann auch noch auf die Idee von Jill einlässt, den Mörder im Internet zu erpressen hält man das Mädchen für völlig verrückt und leichtsinnig.
Trotzdem kann man sich gut in Martha hineinfühlen. Dadurch, dass ihre verschiedenen Charakterzüge ausserordentlich gut und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden, beginnt man das Mädchen sogar richtig zu mögen.
Kein drittklassiger Krimi
Martha kommt sich im Buch einmal vor „wie in einem drittklassigen Krimi“. Möglicherweise hat sie damit nicht ganz Unrecht: Wer nämlich dem Klappentext Glauben schenkt und denkt, „Am Ende der Treppe hinter der Tür“ sei ein deftiger Thriller, hat sich geirrt. Denn wenn sich irgendwann in der Mitte des Buches herausstellt, dass es sich beim vermeintlich abgehackten Finger im Aquarium, welcher im Klappentext so prominent hervorgehoben wird, tatsächlich „nur“ um ein Würstchen handelt, ist dies mehr als nur peinlich.
Weshalb der Jugendroman vom Verlag als purer Nervenkitzel angepriesen wird, bleibt schliesslich unverständlich. Und ist auch gänzlich unnötig. Natürlich wählt der Verlag für den Klappentext einen reisserischen Textausschnitt, um den Verkauf anzukurbeln. Doch wenn dieser Text nicht viel mit dem Buch zu tun hat, nervt das.
Trotzdem ist der Jugendkrimi gelungen und es bleibt nur zu sagen: Lass dich nicht von einem vermeintlich abgehackten Finger abschrecken!
Kinder- und Jugendredaktion

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TitelAm Ende der Treppe, hinter der Tür
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Autor:inSabine Ludwig
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VerlagRotfuchs Verlag
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Erscheinungsdatum2013
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Seiten378
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Bewertung