Becoming – Erzählt für die neue Generation
Mit ihrer Biografie «Becoming – Erzählt für die neue Generation» richtet sich Michelle Obama an alle, die sich mit der Frage beschäftigen: Was will ich werden und wer möchte ich sein? Der Tipp der Nachwuchsredaktorin Alina Facchinetti.
Als Kind erzählte sie allen, dass sie Kinderärztin werden will. Wieso genau, dass weiss sie nicht. Aber immer, wenn sie ihren Berufswunsch den Erwachsenen preisgab, lobten sie Michelle für ihr Vorhaben. Damals hatte sie noch nicht geahnt, dass sie später einmal in einer Kanzlei als Anwältin arbeiten und schliesslich Mentorin und Frau von Barack Hussein Obama – dem 44. Präsidenten der USA – sein würde.
In ihrer Biografie beschäftigt sich Michelle Obama mit den Fragen: «Wer bin ich und wer möchte ich sein?». Für sie ist klar, dass eine Antwort nicht genügt und nicht sofort erfolgen kann. Es ist vielmehr ein Prozess, der durch das über sich Hinauswachsen und Sammeln von Erfahrungen nach und nach entsteht und praktisch nie endet.
Becoming – Me, Us, More
Michelle Obamas Biografie ist in drei grosse Abschnitte gegliedert: 'Becoming Me – Ich werden', 'Becoming Us – Wir werden' und 'Becoming More – Mehr werden'. Sie beginnt in ihrer Kindheit und mit ihrer Einschulung, erzählt dann weiter wie sie in Princeton aufs College kam und einen Job als Anwältin annahm, wo sie Barack Obama kennenlernte. Im zweiten Teil berichtet sie über ihre beiden Kinder Malia und Sasha und über den schweren Verlust ihrer Freundin Suzanne und ihres Vaters. Aber auch über die Heirat mit Barack und seinen Wahlkampf um die Präsidentschaft der USA. Im letzten Abschnitt 'Becoming More' lernt sie als First Lady unterschiedliche Menschen kennen und beschreibt auch die Verantwortung und den Druck, der auf dem Paar lastete.
Zwischen den Abschnitten ist jeweils eine Reihe von Fotografien abgebildet, die verschiedene Momente in Michelles Geschichte festhalten. Die Inhalte, die Michelle Obama im Text anspricht, sind auf diese Weise auch bildlich veranschaulicht und geben dem/der LeserIn nochmals eine andere Sichtweise, etwa ein Porträt von ihr, als sie noch studierte oder bei ihrer Hochzeit. Auch ein Bild ihrer beiden Töchter und ihrem Mann Barack bei der Kandidatur ist zu sehen. Da die Bilder immer im Anschluss an die Abschnitte abgebildet sind, bietet sich dem/der LeserIn die Möglichkeit, sich beim Anschauen der Fotos nochmals auf den Text und die beschriebenen Momente zurückzuerinnern.
Besonders eindrücklich ist das Bild, auf dem eine riesige Menschenmenge zu sehen ist und Michelle und ihre Familie sind ganz vorne mit dabei. Das Foto entstand am 50. Jahrestag des Marsches über die Edmung Pettus Bridge in Alabama. Mit dem Marsch soll ein Zeichen gesetzt werden, das an den Kampf um Bürgerrechte und Gleichberechtigung der Menschen erinnern soll. . Michelle strahlt ein starkes Selbstbewusstsein und eine Sicherheit aus, die auch immer wieder beim Lesen auffällt.
Wer will ich sein?
Es scheint fast, als würde ihr jede noch so kleine Einzelheit in Erinnerung bleiben, wie beispielsweise ihre Zimmereinrichtung, welche vor allem aus Plüschtieren bestand und wie sie sich gefreut hat, als sie ihre ersten Klavierstunden bei Robbie der Tante ihrer Mutter nahm.
Michelle Obama gibt aber auch Einblicke in weniger schöne Momente in ihrem Leben. Etwa als ihr Vater an MS erkrankt. Auch mit Ungerechtigkeit und Zweifel hat Michelle ihre Erfahrungen gemacht. Beispielsweise als ihr die Studienberatung sagte, sie würde es nicht auf das von ihr gewünschte College in Princeton schaffen, da sie nicht gut genug sei. Für Michelle sind solche Ereignisse traurig und sie machen sie wütend, aber sie sind ausschlaggebend, um auch schlechte Erfahrungen sammeln und daraus lernen zu können. Denn jeder Mensch wächst daran.
Offen und ehrlich erzählt
Durch ihre Ehrlichkeit und ihre Offenheit findet sich der/die LeserIn in ihrer Geschichte wieder. Michelle lässt den/die LeserIn so in seine bzw. ihre eigene Geschichte zurückblicken, um selbst auf prägende Ereignisse zu stossen. So beginnt man plötzlich selbst zu überlegen, wie sein Zimmer aussah oder wann man Ungerechtigkeit und Wut verspürt hat. Oder als Michelle als Teenager auf eine neue Schule kam, fragte sie sich, ob sie gut genug ist. Neue Freunde und Anschluss an einer neuen Schule zu finden und den anderen zu gefallen, diese Sorge hatte sicher schon jeder.
Die Gedanken der Leserin und des Lesers regt Michelle auch mit Fragen immer wieder an. Mit Blick auf Rassismus und Diskriminierung erzählt sie beispielsweise, wie man sie als zornige schwarze Frau niedergemacht hat. Die Frage, die sich Michelle daraufhin stellte, ist, was genau diese Person an ihr gestört hat: ihr Zorn, ihre Hautfarbe oder die Tatsache, dass sie eine Frau ist?
Fazit: Michelle Obama beeindruckt mit ihrem starken und selbstbewussten Charakter und ihrer fröhlichen und bescheidenen Art. Sie ist der Leserin und dem Leser gegenüber sehr offen und weckt deren bzw. dessen Interesse von Beginn an. Deshalb habe ich ihre Geschichte so gerne gelesen, weil man sich in vielen Passagen selbst wiederfindet.

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TitelBecoming – Erzählt für die neue Generation
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Autor:inMichelle Obama
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GenreBiografie
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Verlagcbj Jugendbuch
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Erscheinungsdatum2021
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Seiten603
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Übersetzer:inHeike Brillmann-Ede, Harriet Fricke, Tanja Handels, Elke Link, Kristin Lohmann, Andrea O'Brien, Jan Schönherr, Henriette Zeltner-Shane
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