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Das Herz von Libertalia

| Kinder- und Jugendredaktion | Jugendbuch

Als Anne von einem alten Seemann Geschichten über Libertalia hört, ist für die Siebenjährige klar: Sie wird diese geheimnisvolle Insel der Gleichberechtigten finden – komme, was wolle. Ein actionreicher Piratenroman, dem es nicht an Tiefgang fehlt. Die Kritik von Nora Steiner.

Irland, zu Beginn des 18. Jahrhunderts: Anne wird als uneheliche Tochter geboren und wächst bei ihrem Onkel Jack, einem Schafhirten, und ihrer Mutter, einem Dienstmädchen, auf. Der kleine rothaarige Wildfang interessiert sich viel eher für Seemannsgeschichten als für's Spinnrad und erfährt von einem alten Leuchtturmwärter von Libertalia, ein Ort, an dem jeder so sein darf, wie er ist. Wo die Menschen frei sind und einander in Frieden und Respekt leben lassen“.  Diese mysteriöse Insel wurde aber noch nie gefunden und wird von vielen als Seemannsgarn abgetan.

„Nur in Männerkleidern kann eine Frau sie selbst sein und nur als Pirat frei“
Als Anne von ihrem reichen Vater als Junge verkleidet in die Stadt geholt wird, lernt sie schnell, dass Jungenkleider eine Freikarte für spannende Abenteuer sind. 

Um sich vor dem gesellschaftlichen sowie wirtschaftlichen Ruin zu bewahren, zieht ihr Vater mit ihrer Mutter und Anne nach Amerika. In der „neuen Welt“ muss sich Anne wieder wie ein Mädchen benehmen. Um diesem Käfig der Gesellschaft und einer Heirat zu entkommen, brennt sie mit dem Piraten James Bonny durch – und beginnt ihr Leben auf hoher See.

Geschickt eingewoben
„Und ich schwöre, dass es im gesamten County Cork keinen schöneren Anblick gab als den, wenn in der Dämmerung die Küstenlinie zu ein paar dicken Strichen zusammenschmolz, über denen sich der Himmel ergoss, in Rosa und Lila und Orange, ein letztes Aufleuchten in Rot, wenn die Sonne unter den Horizont kroch und eine Welt in Nachtblau entliess.“

Solche wunderschön bildhaften Beschreibungen wechseln sich mit rasanten Kaperfahrten ab. Die Geschichte bekommt so eine gewisse Ruhe. Dennoch verliert Kuschnarowa nie diese Art zu schreiben, als ob jemand einfach aus dem Kopf erzählt – schliesslich tut Anne Bonny genau das, als sie im Kerker mit ihrer Geschichte beginnt.

Für Jugendliche und Erwachsene lesenswert
„Das Herz von Libertalia“ ist nicht nur für Jugendliche lesenswert: Historische Details wie die Pflege eines Schiffes, die Sitten und Gebräuche unter Piraten oder das Leben der reichen Pflanzer in Amerika kommen nicht zu kurz. Diese Ausführungen sind nie langweilig, da sie geschickt in die Handlung eingebettet sind.

Ebenso die Rolle der damaligen Frauen in der Gesellschaft und die Reduktion auf ihr Äusseres:

„Schönheit war weder ein Verdienst noch etwas, das von langer Dauer war. Eigentlich war Schönheit eine Frauenfalle. Für ein paar Jahre verlieh sie dir eine magische Macht über andere Menschen, denn der Mensch vergöttert die Schönheit. Aber Schönheit war etwas, das zwischen den Fingern zerrann wie allerfeinster Sand in einer Sanduhr, die sich nicht umdrehen liess. Und wenn das Alter die Schönheit verschluckt hatte, was blieb übrig? Ich meine, was bleibt einer Frau, die ihr Leben einzig dem Schönsein verschrieben hatte? Wenn sie alt ist, wird sie zur gestürzten, vergessenen Göttin, die beim Nichtstun auf dem Ruinenfeld ihrer Schönheit zusehends verwittert.“

 


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Kinder- und Jugendredaktion

  • Titel
    Das Herz von Libertalia
  • Autor:in
    Das Herz von Libertalia
  • Verlag
    Beltz & Gelberg
  • Erscheinungsdatum
    2015
  • Seiten
    463
  • Bewertung