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Der Ernst des Lebens macht auch keinen Spass

| Kinder- und Jugendredaktion | Jugendbuch

Wie viel Spass „Der Ernst des Lebens macht auch keinen Spass“ von Christoph Wortberg macht, erfahren Sie in dieser Kritik der Nachwuchsredaktorin Sophie Burkhalter.

Wie der Ernst des Lebens ist auch der Anfang dieses Buches alles andere als heiter, denn:

"Wir fahren zum angekündigten Tod meines Bruders.“

Gleich zu Beginn wird der Leser mit tragischen Situationen konfrontiert: Lenny und seine Eltern fahren ins Krankenhaus, wo Lennys Bruder, Jakob, liegt: Hirntot. In den ersten Kapiteln erleben wir nicht nur mit, wie die Maschinen, die Jakob noch am Leben gehalten haben, ausgestellt werden, sondern auch seine Beerdigung. Zudem wird die Geschichte aus Lennys Perspektive erzählt: Er ist der Ich-Erzähler.

Trotzdem ist es schwer, mit Lenny mitzufühlen, was wohl daran liegt, dass Gefühle oft einfach benannt werden:

„Die Wut wird zur Enttäuschung, die Enttäuschung mündet in Hilflosigkeit, die Hilflosigkeit verwandelt sich in Mitleid, aus dem Mitleid erwächst neue Wut.“

Lenny würde seine Situation wohl erst im Nachhinein so beschreiben. Allerdings wird die ganze Geschichte im Präsens erzählt, spielt also in der Gegenwart.

Richtige Perspektive?
Auch sonst, liest sich das Buch Stellenweise, als würde ein Erzähler von aussen auf das Geschehen blicken, und weniger so, als würden wir die Gedanken von Lenny verfolgen. Es wäre besser, würde die Geschichte entweder in der dritten Person erzählt, oder die Ich-Perspektive besser ausgearbeitet und konsequenter durchgezogen.

Figuren zu wenig ausgearbeitet
Auch andere Figuren sind zu wenig ausgearbeitet, mit Ausnahme von Jakob. Lennys Eltern beispielsweise wirken holzschnittartig: Der Vater will immer die Kontrolle behalten und hatte bereits die Zukunft seines erstgeborenen Sohnes geplant: Jakob sollte Apotheker werden. Die Mutter ist tablettenabhängig und will nicht wahrhaben, dass Jakob sich bewusst vom Gipfel der Zugspitze gestürzt hat.

Leider finden sich in diesem Buch zu viele Phrasen, wie „Ich möchte in diesen Augen ertrinken.“ Andere sprachliche Bilder ziehen sich durch das ganze Buch und werden gezielt eingesetzt, wie der Fluss oder das Kornfeld, die immer wieder vorkommen und wohl eine Bedeutung haben, die sich mir aber nicht erschlossen hat.

Wer bin ich?
Auch stellt Lenny sich selbst und seinem Bruder Jakob, beziehungsweise dessen Geist, mit dem er in Gedanken spricht, grosse Fragen, wie: Wer bin ich? Was ist der Sinn des Lebens?
Manchmal folgen dann kurze Abhandlungen zu diesen Themen. Aus diesen Fragen hätte aber deutlich mehr gemacht werden können, indem sich das Buch vertiefter mit ihnen auseinandersetzt.

Spassige Dialoge
Andererseits sind die „Gespräche“ zwischen Lenny und Jakob eine Stärke dieses Buches, da sie etwas Humor, etwas Spass, in diese sonst sehr ernste Geschichte bringen:

Wenn ihr weiter so wackelt, muss ich kotzen.“ Diesen Satz raunt Jakobs Geist Lenny ins Ohr, während Lenny zusammen mit anderen Jakobs Sarg Richtung Grab trägt.

Eine weitere Stärke sind einige mehr oder weniger unerwartete Wendungen gegen Ende des Buches und die kurzen Kapitel. Generell ist Wortbergs Sprache eher knapp. Er vermeidet Schachtelsätze, welche vielleicht den Lesespass geschmälert hätten.

Nichts Neues
Aber diese beiden Stärken können die Kritik nicht aufwiegen. Aus dieser Geschichte und vor allem aus dem Thema liesse sich sehr viel mehr herausholen.

Dieses Buch macht leider nicht so viel Spass: Denn die Motive für Jakobs Selbstmord sind weder überraschend noch neu und die Selbstmordthematik wird weder vertieft noch auf eine besondere Weise beleuchtet.


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Kinder- und Jugendredaktion

  • Titel
    Der Ernst des Lebens macht auch keinen Spass
  • Autor:in
    Christoph Wortberg
  • Verlag
    Beltz&Gelberg
  • Erscheinungsdatum
    2014
  • Seiten
    191
  • Bewertung