Ein Lied für Jemmie
Ein Vater, der die Familie verlässt, der Bruder, der in den Irakkrieg muss, eine Liebesgeschichte und ein humorvoller Ich-Erzähler – das alles vereint Adrian Fogelins Jugendroman „Ein Lied für Jemmie“. Die Kritik von Sophie Burkhalter.
Noch sind Justins Sneaker auf dem Buchcover sauber und ohne Löcher. Im Laufe der Geschichte muss er sie mit Klebeband reparieren. Die Schuhe des Ich-Erzählers sind nicht das einzige, was in die Brüche geht: Justins Vater hat seine Koffer gepackt und die Familie verlassen, seine Mutter hingegen verlässt das Bett kaum und sein Bruder Duane, der beim Militär ist, muss vielleicht in den Irakkrieg.
„Musik passiert auch zwischen den Noten.“
Als ob das noch nicht genug wäre, möchte Justin das Herz von Jemmie gewinnen. Leider ist er dicklich und sein Gesicht voller Pickel. Da helfen auch die Tipps seines Bruders Duane nicht weiter. Oder gewinnt man etwa das Herz seiner Angebeteten, indem man sich mit ihrem Haustier anfreundet?! Vielleicht funktioniert es aber mit einem selbsterfundenen Lied …
Wie sich herausstellt, scheint Justin ein musikalisches Talent zu haben. Jemmies Grossmutter bietet ihm an, auf ihrem Klavier zu spielen. Zuerst spielt er nach Gehör, später bringt ihm Jemmie das Notenlesen bei.
„Ich bin der Typ mit Musik in den Fingern.“
Adrian Fogelins „Ein Lied für Jemmie“ hebt sich von anderen Jugendbüchern ab, weil der Ich-Erzähler so selbstironisch ist. Beispielsweise nennt Justin seine Eltern „Kampfeinheiten“. Oder er berichtet seinem Bruder, dass seine Mutter morgens jeweils „an einem ernsten Fall von Bettfrisur“ leide. Diese humorvollen Kommentare führen allerdings zu einer emotionalen Distanz.
„... ka-bumm ...“
„Die ganze Zeit über, solange ich zusehe, zeigen die Kameras keinen einzigen Menschen, weder tot noch lebendig. Es ist alles nur Rauch und ka-bumm, ungefähr so real wie in einem Computerspiel.“
Zudem weint Justins Mutter für meinen Geschmack viel zu oft oder verkriecht sich im Bett. Und dies liest sich dann oftmals sehr kitschig: „Sie hält die Augen geschlossen, aber als die Töne ihre Lider, Regentropfen gleich, berühren, gehen ihre Mundwinkel langsam nach oben.“
Der Irakkrieg als weitere Ebene, gibt dem Jugendroman Tiefe. Der Kontakt zum Bruder, der nur über Post, Mail oder Telefon möglich ist, eröffnet zudem eine weitere interessante Sichtweise auf die Geschehnisse. Allerdings schöpft der Autor dieses Potential zu wenig aus, insbesondere beschreibt er die Gefühlswelten der Protagonisten zu wenig.
Kinder- und Jugendredaktion

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TitelEin Lied für Jemmie
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Autor:inAdrian Fogelin
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VerlagKnesebeck
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Erscheinungsdatum2015
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Seiten240
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Übersetzer:inReinhard Peitsch
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Bewertung