Einäugige Echsen
„Ich nehme statt Zahnseide immer Stacheldraht“, erwiderte Skink mit todernstem Gesicht.“ Eine aberwitzige Figur, eine genauso aberwitzige Suche nach Richards entführter Cousine: Das steckt im Jugendbuch „Einäugige Echsen“ von Carl Hiaasen. Die Kritik von Sophie Burkhalter.
Richards Cousine Malley ist verschwunden. Sie ist zusammen mit ihrer Internetbekanntschaft TC abgehauen, um nicht auf's Internat zu müssen. Doch TC wird sie bald nicht mehr gehen lassen, obwohl sie nach Hause will. Richard heftet sich den beiden an die Fersen und bekommt dabei Hilfe von einem totgeglaubten Gouverneur, den er Skink nennt.
Allein wie Richard Skink trifft, ist skurril: Skink hat sich am Strand eingegraben und bekommt nur über einen Strohhalm Luft, der aus dem als Schildkrötennest getarnten Sandhaufen schaut. Skink wartet auf einen Schildkröteneierdieb, um ihm zu zeigen, dass das, was der tut, Unrecht ist. Doch Richard ist neugierig und zieht den Strohhalm aus dem Sand und sieht erschrocken mit an, wie Skink, ein alter Mann mit einem Glasauge und einer Duschhaube auf dem Kopf, aus dem Sand hervorbricht.
Skink bietet Richard schliesslich an, ihm dabei zu helfen, seine Cousine zu finden. So verbringt Richard seine Sommerferien mit einer Verfolgungsjagd quer durch Florida.
Diese Geschichte lebt vor allem von einer Figur, dem Gouverneur. Als er kein Glasauge mehr hat, steckt er sich stattdessen ein Schneckenhaus in die Augenhöhle, und er ernährt sich von Tieren, die überfahren worden sind. Gleichzeitig ist er ein grosser Tierfreund und Umweltschützer: Er riskiert sein Leben, um Stinktiere vor einem heranrollenden Lastwagen zu retten, und kommt mit einem zerquetschten Fuss davon. Als ein vor ihm fahrender LKW-Fahrer auf der Autobahn eine leere Bierdose aus dem Fenster wirft, folgt er ihm zur Raststätte und füllt ihm dort Bier in den Tank.
Eine Figur, die eher nervt, ist Malley. Sie ist teilweise naiv und zickig. Einmal möchte sie keine Schwimmweste anziehen, weil sie darin fett aussehen würde.
Was ebenfalls stört, ist, dass der Autor manchmal zu sehr mit erhobenem Zeigefinger schreibt:
„Es ist erstaunlich, wie schnell man seine elektronischen Schnuller vergisst, wenn sie auf dem Grund des Flusses liegen, wie schnell man aufhört, auf all die SMS und Nachrichten fixiert zu sein, die man verpassen könnte.“
Bei solchen Absätzen schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Auf der einen Seite denke ich: Hey, ich weiss, dass ich von meinem Handy abhängig bin, das muss mir keiner unter die Nase reiben. Generell ist die soziale und ökologische Thematik stark zu spüren, was dem Buch einen leicht moralischen Anstrich verleiht. Auf der anderen Seite muss ich bei Begriffen wie „elektronische Schnuller“ schmunzeln. Dieser Humor hat aber wiederum eine emotionale Distanz zur Folge, so dass mich Malleys Entführung weniger berührt hat, als sie wohl sollte.
Zudem hätte ich gerne mehr über die Hintergründe und Beweggründe von Malleys Entführern erfahren. Auch würde mich interessieren, warum Skink eine Badehaube auf dem Kopf trägt und auch sonst so viel Unfug anstellt.
Das Jugendbuch „Einäugige Echsen“ entpuppt sich als unterhaltsames Buch, das sich aber, wie mir scheint, nicht so recht entscheiden kann, ob es ein Umweltschutzbuch oder ein Krimi sein möchte.
Kinder- und Jugendredaktion

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TitelEinäugige Echsen
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Autor:inCarl Hiaasen
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VerlagBeltz & Gelberg
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Erscheinungsdatum2015
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Seiten315
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Übersetzer:inMichael Koseler
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Bewertung