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Herzsteine

| Fachredaktion | Jugendbuch

Zwischen Hamburg und Sylt scheinen Welten zu liegen. Die Insel ist jedoch nur ein kurzer Zwischenstopp auf einem sehr viel weiteren Weg: einer Reise nach Ruanda und in die Vergangenheit. Der Jugendbuch-Tipp von Andrea Kromoser. 


Wer nicht schwimmen kann, ist irgendwie falsch auf einer Insel. Dem bringt die Weite der Dünen nur noch mehr Enge.

Obwohl Sam und seine Eltern der Gesundheit seiner Mutter wegen nach Sylt gekommen sind, entwickelt sich nichts, wie es sollte. Fe wird immer unberechenbarer, lacht nur mehr ganz selten und verschliesst sich zunehmend vor allem. Auch vor ihrer Familie. Langsam entspinnt sich beim Lesen eine Vorahnung: Die kurzen, anfangs sehr konfus wirkenden Texte, die in Ich-Form immer wieder inmitten der eigentlichen personal erzählten Geschichte aufscheinen, könnten mit Fes Vergangenheit zu tun haben.

Hier spricht eine Stimme aus dem Off, die Stimme derjenigen, die ihrem Mann und ihrem Sohn persönlich gar nichts erzählen kann. Sie ist unfähig, das, was sie 1994 vor und während des Genozides in ihrem Heimatland Ruanda erlebt hat, in Worte zu fassen.

Heimat (wieder)finden

Sam möchte nur zu gerne verstehen lernen, was in seiner Mutter vorgeht. Jedoch fehlen in seiner Familie nicht nur die richtigen Worte, sondern auch die Gesprächsthemen. Nur Enna, das Mädchen, das er inmitten der Dünen kennen und lieben lernt, hört ihm wirklich zu. Und so sentimental und überladen die Szenen zwischen den beiden auch daherkommen mögen, der Qualität des Textes tun sie keinen Abbruch.

Während Vater und Sohn Fe besuchen, die überstürzt von Sylt in ihr Heimatland Ruanda abgereist ist, das sich erst langsam im Wiederaufbau befindet, wendet sich Sam nun schreibend direkt an Enna. Mit dieser, erst spät im Text zu Wort kommenden, dritten Erzählebene, kann nun der Protagonist selbst sehr authentisch seine Erfahrungen erzählen: von seiner Mutter, deren Versuchen, ihrer Vergangenheit bewusst zu werden und damit von seiner eigenen Herkunft.

"Wenn ich hier die Leute reden höre, vor allem meine Mutter, klingt es fremd, aber auch vertraut. Wahrscheinlich liegt es daran, dass meine Mutter, als ich klein war, manchmal so mit mir gesprochen hat. Später dann nicht mehr.“


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Fachredaktion

  • Titel
    Herzsteine
  • Autor:in
    Hanna Jansen
  • Verlag
    Peter Hammer
  • Erscheinungsdatum
    2012
  • Seiten
    208
  • Bewertung