Layers
Obdachlose Jugendliche finden in einer Villa Zuflucht und werden mit scheinbar sinnlosen Aufgaben betraut. Als Dorian diese nicht auftragsgemäss erfüllt, muss er um sein Leben fürchten ... Ursula Poznanskis philosophischer Thriller „Layers“ ist absolut fesselnd geschrieben, findet die Nachwuchsredaktorin Nora Steiner.
Um den Schlägen seines Vaters zu entgehen, lebt Dorian seit einer Weile auf der Strasse. „Der Tag würde lang werden. Wie jeder Tag, den er auf der Strasse verbrachte. Ohne Ziel, ohne vertraute Menschen. Alle Welt beschwerte sich darüber, zu wenig Zeit zu haben, doch es war viel schlimmer, im Zeitüberschuss fast zu ertrinken. Das wusste Dorian jetzt. Zeit, mit der man nichts anfangen konnte, fühlte sich endlos an.“ Poznanski beschreibt den ewig gleichen Trott und die Unsicherheiten des Strassenlebens sehr eindrücklich, man wird sich seiner eigenen privilegierten Situation bewusst.
Wohltätig oder grausam?
Als Dorian in der Nacht nach einer Konfrontation mit einem anderen Obdachlosen mit dröhnenden Kopfschmerzen erwacht, sieht er eben diesen in einer Blutlache daliegen. Daneben: Sein Taschenmesser. Dorian kann sich an nichts erinnern – hat er einen Menschen umgebracht?
Da taucht Bornheim auf. Er führt den siebzehnjährigen in eine Villa, wo Dorian mit anderen obdachlosen Jugendlichen wohnen, essen und lernen kann: Ein spezieller Ethikunterricht steht auf dem Stundenplan. Die Frage, ob man das Leid einzelner Menschen für ein grösseres, wohltätiges Ziel in Kauf nehmen darf, wird sehr ausführlich diskutiert und regt auch die Lesenden selbst zum Nachdenken an. Poznanski liefert mit dem Ausgang des Romans eine mögliche Antwort. Doch ist dies wirklich die einzige Weg, eine bessere Welt zu gestalten?
Illusion oder Wirklichkeit?
Die Jugendlichen müssen als Gegenleistung für Kost und Logis an exakt bestimmten Standorten Flugblätter mit Spendenaufrufen für wohltätige Organisationen verteilen. Da Dorian diese scheinbar sinnlose Aufgabe (die meisten werfen die Zettel nämlich direkt fort) sehr gewissenhaft erfüllt, bekommt er einen anderen Auftrag: Er muss einflussreichen Menschen „Werbegeschenke“ überbringen. Als einer das Päckchen nicht annehmen will, wird Dorian nicht am vereinbarten Treffpunkt abgeholt, verbringt die Nacht unter der Brücke und öffnet aus lauter Neugier das Geschenk. Zum Vorschein kommt eine Brille, ein sogenannter „Visioner“. Sie ermöglicht einem, mehr zu sehen als diejenigen ohne: Es tauchen Informationen über Personen, Unternehmen und Gebäuden auf, ihre Biographie und Verhältnis zu Bornheim werden beschrieben. Dorian sieht in einem Spiegel die Information über sich selbst: Er sei ein Mörder, zur „Jagd freigegeben“ und dürfe nicht überleben.
Ab sofort ist Dorian auf der Flucht – und wird von furchterregenden Ungeheuren und zusammenstürzenden Häusern terrorisiert. Doch was ist echt und was nur ein „Layer“, eine Illusion des Visioners? Und hat Dorian den Obdachlosen wirklich umgebracht?
Ursula Poznanski hat mit „Layers“ einen nervenaufreibenden, absolut lesenswerten Thriller kreiert.
Kinder- und Jugendredaktion

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TitelLayers
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Autor:inUrsula Poznanski
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VerlagLoewe
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Erscheinungsdatum2015
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Seiten444
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Bewertung