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Schneeriese

| Kinder- und Jugendredaktion | Jugendbuch

Susan Kreller spielt in ihrem Jugendroman „Schneeriese“ gekonnt mit zwei wichtigen Motiven: Schnee und Riesen. Erinnert Sie das auch an ein Märchen? Vielleicht an die Schneekönigin? Die Kritik von Sophie Burkhalter.

„Denk dir das Wasser hell und nur am Saum nächtlich blau, komm, denk es dir warm und zerzaust, pfeif auf den Winter und schau es dir an, dieses Meer, ein paar Fischer kämmen es mit morschen Booten, überall schwimmen Möwenschatten und ganz vorn, wo es flach ist, planschen Kinder.“

Die erste Seite von Susan Krellers „Schneeriese“ besteht aus der Beschreibung eines Meeres, „hell und nur am Saum nächtlich blau“.Sofort wird die Fantasie geweckt und das Zimmer füllt sich mit dem Bild dieses Meeres und man blättert um und taucht ein, in diese ansonsten winterliche Geschichte, platzt mitten in eine Szene: Adrian ist von Stella aus dem Schlaf geklingelt worden, mitten in der Nacht. Und diese Nacht ist nicht nächtlich blau, sondern mitternachtschwarz:

„So kalt war es hier, mitternachtschwarz, und auf den Straβen lag der reinste Schnee und hatte keinen blassen Schimmer.“

Nebenbei erfahren wir, dass Adrian, von Stella am Telefon Einsneunzig genannt, schnell wächst: Und zwar durch die Beschreibung seines Schlafanzuges, der eigentlich knöchellang sein sollte, sich aber immer weiter an Adrians Beinen hocharbeitet. Zudem wird sofort Spannung aufgebaut, da Stella Adrian auffordert sofort zu ihr zu kommen, weil im Haus gegenüber mitten in der Nacht Leute einziehen. Geschickt gemacht.

Rutscht nicht in den Kitsch ab
Wer jetzt aber einen Krimi erwartet, liegt falsch. Der Fokus liegt vor allem auf der Entwicklung der Figuren. Etwa Adrian, der damit klarkommen muss, dass seine beste Freundin Stella, in die er heimlich verliebt ist, sich in Dato verliebt. Dieser Dato ist der Sohn einer georgischen Familie, die mitten in der Nacht in das Haus gegenüber einzieht.

Trotz der Thematik Liebe rutscht „Schneeriese“ nicht zu sehr in den Kitsch ab. Die Geschichte ist dicht und viele Motive werden während der Geschichte immer wieder aufgenommen und variiert: Wie „Stellas staubfeines Lispeln“ oder aus dem Märchen „Die Schneekönigin“ das Motiv des Eissplitters im Auge. Dadurch wirkt die Geschichte in sich stimmig und als Ganzes zusammenhängend.

Etwas überladen
Was den Schreibstil anbelangt, fallen als erstes die sich häufenden Wortkreationen, wie „mitternachtschwarz, Einsneunzig oder Elektrofreunde“, Metaphern und sprachliche Bilder auf. Ein sparsamerer Umgang mit eben diesen hätte dem Roman gut getan. So wirkt die Sprache überladen, fast so als wäre zwanghaft versucht worden, möglichst viele solcher Metaphern und Bildern zu finden und zu verwenden. Dadurch wird zeitweise der Lesefluss gestört.

So und kein bisschen anders
Auch sind manche Bilder, wie beispielsweise, dass Adrian für Stella überallhin gehen würde und der Vergleich von Augen mit dem Meer nicht neu, werden aber abgewandelt. Denn: meist wird nur gesagt, die Augen eines geliebten Menschen seien tief wie das Meer oder Ähnliches. In „Schneeriese“ aber, widmet Susan Kreller diesem Meer eine ganze Seite und erst im letzten Satz auf dieser Seite, wird klar, dass eigentlich nicht ein Meer beschrieben wird, „nur am Saum nächtlich blau“, sondern ganz besondere Augen: „So und kein bisschen anders sind die Augen von Stella Maraun.“

Und so und ein bisschen anders ist „Schneeriese“: Eine Erzählung von der Liebe, vom Von-der-Norm-abweichen und noch manch anderem, ein bisschen besonders erzählt.

Interview mit Susan Kreller auf der Frankfurter Buchmesse:

http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=46561


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Kinder- und Jugendredaktion

  • Titel
    Schneeriese
  • Autor:in
    Susan Kreller
  • Verlag
    Carlsen
  • Erscheinungsdatum
    2014
  • Seiten
    208
  • Bewertung