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Das Glück ist ein Fisch

| Kinder- und Jugendredaktion | Kinderbuch

Was ist Glück? Familie, Freunde, Geld? Oder einfach nur ein leckeres Dessert? Diese Fragen stellt sich die kolumbianische Autorin Melba Escobar de Nogales in ihrem ersten Kinderbuch «Das Glück ist ein Fisch» nachdenklich und philosophisch. Der Buch-Tipp von Sophie Burkhalter.

Wie wird man mutig und glücklich? Es sind grosse Fragen, denen sich Melba Escobar de Nogales in ihrem Kinderbuch widmet. Es handelt von Pedro, einem kleinen Jungen, der mit seiner Mutter auf die karibische Insel Providencia in den Urlaub fährt. Sie wurde vor langer Zeit von englischen Piraten erobert und das Meer soll dort sieben Farben haben.

Fingernagel-Mond
Als Pedro erfährt, dass sein Vater nicht nachkommen wird, weil sich seine Eltern getrennt haben, läuft er wütend weg und verläuft sich am Strand. Als er versucht, eine Mango von einem Baum zu holen, trifft er auf Johnny Tay, einem alten Seelöwen und Einwohner der Insel. Er lädt ihn in sein Shanty, seine Hütte am Meer ein.

Escobar de Nogales erzählt Pedros Geschichte bildstark und lebendig. Beispielsweise beschreibt die Autorin den Mond so: «... eine sternenklare Nacht mit einem Halbmond, der wie ein frisch geschnittener Fingernagel aussah».

Pedro gewinnt nicht nur einen besonderen Freund fürs Leben, sondern wächst an diesem Abenteuer und wird mutiger. Denn Pedro ist zwar ein Kind, aber er ist nicht dumm Deshalb muss seine Mutter ihn auch nicht anlügen und ihm erzählen, dass sein Vater nachkommt, obwohl sie genau weiss, dass das nicht passieren wird.

Diese Beschreibungen lassen Pedros Welt sehr lebendig wirken und ziehen einen in die Geschichte hinein.

Extrem vielschichtig
Es gibt auch andere Bilder und Themen, die sich durch den Text ziehen. Eines davon sind Piraten und das Meer: Johnny Tays uralter Papagei erzählt Pedro von Johnnys Vorfahren, die allesamt Piraten waren. Auch verwendet die Autorin oft Piraten-Metaphern:

«Er stellte sich vor, er würde immer stärker schwitzen und schließlich wie auf dem Meer in seinem eigenen Schweiß kentern.»

Oder: «’Pflanz dich dorthin und iss’, sagt er in einem Ton, als wäre er der Kapitän eines Schiffs.»

So wird das Motiv der Piraten und des Meeres auch in den sprachlichen Bildern wieder aufgenommen und zieht sich durch das ganze Buch.

Auch die Themen Naturverbundenheit und Naturschutz kommen immer wieder vor. Johnny Tays Vorfahren brachten es laut Johnnys Papagei nicht fertig, den grossen Brotfruchtbaum zu fällen, weil «seine Wurzeln die Insel umarmten wie eine Mutter ihr Kind».

Der Körper ist ein Haus
So findet jeder etwas in diesem Buch, das ihn interessiert, sei er nun Naturschützer, Abenteurer oder Taucher. Denn Melba Escobar de Nogales ist nicht nur Autorin, sondern auch Journalistin und hat Reportagen über Tauchexpeditionen an der kolumbianischen Küste geschrieben – so tauchen auch ihre Protagonisten Johnny und Pedro und bewundern unter Wasser die bunten Korallen und Fische.

Die Bilder von Elizabeth Builes fangen die Stimmung des Buches wunderbar ein. Manchmal füllen sie die ganze Seite aus, manchmal schleichen sie sich sogar noch auf die nächste Doppelseite und bebildern dort den Text. Wie etwa die Illustration, in der Johnny sein Motorrad repariert. Auf der einen Seite sieht man ihn von hinten, wie er auf einer Kiste sitzt. Es wirkt wie eine Bleistiftskizze mit feinen Strichen. Nur das Motorrad, die Streifen auf Johnnys Shirt und der Boden sind bunt und wirken so, als wären sie mit Wasserfarben coloriert worden. Auf der nächsten Seite hat sich keck etwas Motorradruss zum Text verirrt. Fast als hätte jemand vergessen, sich die Finger zu waschen und einfach die Buchseite mit seinen russigen Fingern angefasst. Diese kleinen Dinge geben dem Buch seinen Charme und lassen den Leser schmunzeln.

Andere Bilder sind weitaus farbenfroher und wirken wie Collagen. So als wären die Palmen im Hintergrund auf kariertes Papier gezeichnet und danach ausgeschnitten oder ein Teil des Papiers übermalt worden.

Herzerwärmend und nachdenklich
Escobar de Nogales erzählt von Mut und davon, zu wachsen und glücklich zu werden, von Freundschaft und Piraten. Dies tut sie auf eine poetische und nachdenkliche Art. Das Buch lädt zum Träumen ein. Pedro und Johnny Tay sind beide auf ihre Art und Weise klug und liebenswürdig. Wer sich auf die Geschichte einlässt, kann viel von den beiden lernen. Zum Beispiel, dass es manchmal nur wenig braucht, um glücklich zu sein, wie etwa einen guten Freund, mit dem man Schnorcheln und Tauchen gehen kann und wenn man dann unter Wasser einem Fisch begegnet, dann ist das Glück ein Fisch.


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Kinder- und Jugendredaktion

  • Titel
    Das Glück ist ein Fisch
  • Autor:in
    Melba Escobar de Nogales
  • Verlag
    Baobab Books
  • Erscheinungsdatum
    2018
  • Seiten
    112
  • Illustrator:in
    Elizabeth Builes
  • Übersetzer:in
    Jochen Weber
  • Bewertung