Shakespeares fünf späte Tragödien
Jugendlichen und jungen Erwachsenen Shakespeares Tragödien schmackhaft machen. Geht das überhaupt? Der Berner Kwasi Verlag wagt einen Versuch. Die Besprechung von Marlene Zöhrer.
Die Idee Shakespeares Stücke für ein junges Publikum verständlich nachzuerzählen ist nicht neu. Das Geschwisterpaar Charles und Mary Lamb machte das bereits vor über 200 Jahren. Ihnen folgten unzählige andere, mal mehr, mal weniger erfolgreich.
Voller Grausamkeit und Entschlossenheit
Und nun auch Bruno Blume, Autor und Verleger des Berner kwasi Verlags: Gleich fünf von Shakespeares späten Tragödien hat er sich vorgenommen, erzählt sie neu in einer lebhaften, von Dialogen durchzogenen Sprache, die dennoch eine altertümliche Anmutung behält. Dabei sind die schmalen Bände, die ein wenig an überdimensionierte, farbige Reclam-Heftchen erinnern, keine Nacherzählungen oder Inhaltsangaben, die sich für die Vorbereitung auf eine Klassenarbeit eignen.
Blume präsentiert Lesarten der Stücke für erwachsene Shakespeare-Fans und weltoffene Jugendliche. Und lässt dabei tief in die Seelen von Shakespeares Frauenfiguren blicken. Lady Macbeth etwa gibt in einem Inneren Monolog ihre Beweggründe preis, enttarnt sich selbst als treibende Kraft hinter dem Königsmord: „Ich will von Kopf bis Fuß voll Grausamkeit, Entschlossenheit und Kälte sein. Erbarmen kenn ich nicht mehr, noch Zögern oder Mitleid. Kein Mahnen der Natur soll den gefassten Vorsatz lähmen oder meine Hand, zum Mord bereit.“
Auch in seinen Versionen von «Hamlet», Othello», «König Lear» und «Timon von Athen» rücken die Frauenfiguren, egal, ob sie nun bei Shakespeare nun eine Haupt- oder Nebenrolle spielen, in den Mittelpunkt.
Blume inszeniert starke Frauen
Blume inszeniert starke Frauen und hat sich mit Jacky Gleich, Anke Feuchtenberger, Susanne Janssen, Alice Wellinger und Pascale Küng fünf starke Künstlerinnen an seine Seite geholt. Es sind ihre Bilder, die dieses Projekt besonders und die eine Auseinandersetzung mit Shakespeares späten Tragödien auch ausserhalb des Literaturunterrichts reizvoll machen. Denn mit ihren unterschiedlichen Illustrationsstilen und Blickwinkeln legen auch sie neue Lesarten frei indem sie sich von Althergebrachtem lösen, mit Perspektiven spielen, Akzente verschieben, die Aufmerksamkeit auf Details lenken, Gefühlswelten in den Vordergrund rücken oder das Geschehen in unsere Zeit versetzen.
Ja, so kann eine Annäherung an Shakespeares Stücke gelingen. Allein: Man hätte sich mehr als sechs Bilder pro Band gewünscht.
Shakespeares späte Tragödien neu erzählt von Bruno Blume für alle ab 14 Jahren
Hamlet. Illustriert von Susanne Janssen.
König Lear. Illustriert von Anke Feuchtenberger.
Macbeth. Illustriert von Jacky Gleich.
Othello. Illustriert von Alice Wellinger.
Timon von Athen. Illustriert von Pascale Küng.
Marlene Zöhrer

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TitelShakespeares fünf späte Tragödien
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Autor:inBruno Blume
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GenreFiction
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Verlagkwasi verlag
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Erscheinungsdatum2016